Einführung in eine außergewöhnliche Karriere
Laura Siegemund zählt zu den bemerkenswertesten Persönlichkeiten des deutschen Tennissports der letzten Jahre. Mit ihrer kämpferischen Spielweise, taktischer Raffinesse und bemerkenswertem Durchhaltevermögen hat sie sich einen festen Platz auf der internationalen Tennisbühne erarbeitet. Geboren am 4. März 1988 in Filderstadt bei Stuttgart, verkörpert sie wie kaum eine andere Athletin den Geist des „never give up“. Sie ist nicht nur eine exzellente Einzelspielerin, sondern auch eine herausragende Doppelspielerin, die unter anderem Grand-Slam-Titel gewonnen hat und damit zu den erfolgreichsten deutschen Tennisspielerinnen ihrer Generation zählt. Ihre Karriere ist geprägt von Höhen und Tiefen, aber stets getragen von einer unermüdlichen Leidenschaft für das Spiel und einer bemerkenswerten Fähigkeit, sich immer wieder zurückzukämpfen.
Frühe Jahre und der lange Weg in die Weltspitze
Laura Siegemund begann im Alter von nur drei Jahren mit dem Tennisspielen, als sie mit ihrer Familie nach Riyadh in Saudi-Arabien zog, wo ihr Vater als Ingenieur arbeitete. Dort entwickelte sie früh ein Gespür für das Spiel. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland begann sie eine strukturierte Ausbildung und spielte bald auf Juniorenebene gegen die besten Nachwuchstalente Europas. Anders als viele ihrer Kolleginnen feierte sie jedoch nicht sofort spektakuläre Durchbrüche. Ihre Entwicklung war ein langsamer, aber stetiger Prozess, der von Disziplin und harter Arbeit geprägt war. Nach dem Abitur entschied sie sich bewusst gegen den typischen Weg durch die Tennis-Akademien und absolvierte ein Psychologiestudium, das sie mit dem Bachelor abschloss – eine Entscheidung, die sie später als hilfreich für ihre mentale Stärke auf dem Platz bezeichnete.
Der späte Durchbruch – Geduld als Schlüssel zum Erfolg
Erst im Alter von über 25 Jahren gelang Laura Siegemund der endgültige Durchbruch auf der WTA-Tour. Ihr erstes großes Achtungszeichen setzte sie 2016, als sie beim Porsche Tennis Grand Prix in Stuttgart überraschend das Finale erreichte. Auf dem Weg dorthin bezwang sie unter anderem Top-Spielerinnen wie Simona Halep und Agnieszka Radwańska. Auch wenn sie im Finale gegen ihre Landsfrau Angelique Kerber verlor, war dies der Beginn einer neuen Phase in ihrer Karriere. Von da an etablierte sie sich als ernstzunehmende Gegnerin im Einzel und noch mehr im Doppel – ein Bereich, in dem sie in den kommenden Jahren große Erfolge feiern sollte.
Grand Slam-Erfolge und Doppel-Glanzleistungen
Während Laura Siegemund im Einzel nie die ganz großen Titel gewann, konnte sie sich im Doppel an der absoluten Weltspitze behaupten. Ihren bislang größten Triumph feierte sie 2020, als sie gemeinsam mit der Russin Vera Zvonareva die US Open im Damendoppel gewann. Das Duo harmonierte perfekt, überzeugte mit strategischem Spiel und großer Variabilität. Für Siegemund war dieser Titel nicht nur sportlich ein Meilenstein, sondern auch eine Bestätigung ihrer jahrelangen Arbeit. Bereits zuvor hatte sie 2016 die US Open im Mixed zusammen mit dem Kroaten Mate Pavić gewonnen – ein weiterer Beweis für ihre Vielseitigkeit auf dem Court.
Ihre Spielweise im Doppel ist geprägt von großem Netzgefühl, präzisen Volleys und der Fähigkeit, das Spiel zu lesen und zu antizipieren. Während viele Spielerinnen im Doppel eher reagieren, agiert Siegemund aktiv und setzt Akzente, was sie zu einer begehrten Partnerin im Doppel gemacht hat. Ihre Leidenschaft für das Doppelspiel ist offensichtlich, und sie hat es geschafft, diesem oft unterschätzten Format zu neuer Aufmerksamkeit zu verhelfen.
Verletzungen, Rückschläge und Comebacks
Wie so viele Spitzensportlerinnen blieb auch Laura Siegemund nicht von Verletzungen verschont. Besonders schwer traf sie ein Kreuzbandriss, den sie sich 2017 in Nürnberg zuzog. Die monatelange Pause war eine große Herausforderung – körperlich, aber auch mental. Doch wie so oft bewies sie einen bemerkenswerten Kampfgeist und kehrte nach der langen Reha-Zeit zurück auf die Tour. Ihre Rückkehr war alles andere als einfach, da sie sich durch Qualifikationsrunden und kleinere Turniere kämpfen musste, um wieder in die Ranglisten der WTA vorzudringen. Doch sie gab nie auf, arbeitete unermüdlich an sich und wurde schließlich erneut für ihre Hartnäckigkeit belohnt.
Dieser Abschnitt ihrer Karriere zeigte besonders deutlich, was Laura Siegemund ausmacht: ein unerschütterlicher Wille, sich durchzubeißen, auch wenn die Umstände alles andere als günstig sind. Ihre Erfahrung als Psychologin half ihr in dieser Phase, die eigenen Zweifel zu reflektieren und in positive Energie umzuwandeln – ein Aspekt, den sie in Interviews mehrfach betont hat.
Spielstil und Charakter auf dem Platz
Laura Siegemunds Spielstil unterscheidet sich deutlich von vielen anderen Spielerinnen ihrer Generation. Während die Tour von Power-Spielerinnen mit harten Grundlinienschlägen dominiert wird, setzt sie auf Variabilität, Spin-Wechsel, Netzangriffe und ein kluges Stellungsspiel. Sie ist bekannt für ihr Slice-Spiel, ihre Dropshots und ihre Fähigkeit, das Tempo aus einem Match zu nehmen oder gezielt zu beschleunigen. Diese taktische Vielfalt macht sie zu einer unangenehmen Gegnerin – besonders auf Sandplätzen, wo sie ihre Kreativität voll ausspielen kann.
Auf dem Platz zeigt sich Siegemund kämpferisch, fokussiert und oft emotional. Ihre Körpersprache spricht Bände – sie lebt jeden Punkt, feuert sich an, diskutiert mit sich selbst oder manchmal auch mit dem Schiedsrichter. Doch genau diese Emotionalität ist Teil ihres Erfolgsrezepts. Sie nutzt Emotionen nicht als Hindernis, sondern kanalisiert sie in Energie. Damit steht sie in der Tradition von Spielerinnen wie Monica Seles oder Arantxa Sánchez Vicario, die durch eine ähnliche Leidenschaft auf dem Platz hervorstachen.
Vorbildfunktion und Engagement außerhalb des Courts
Abseits des Tennisplatzes ist Laura Siegemund eine reflektierte und vielseitig interessierte Persönlichkeit. Ihr Psychologie-Studium zeigt, dass sie weit über den Sport hinaus denkt. Sie engagiert sich in Interviews und auf Social Media immer wieder für mentale Gesundheit im Sport – ein Thema, das lange tabuisiert wurde. Darüber hinaus setzt sie sich für faire Spielbedingungen, die Gleichstellung im Sport und bessere Förderstrukturen für junge Talente ein.
Besonders in Deutschland ist sie zu einem Vorbild für viele junge Tennisspielerinnen geworden, weil sie beweist, dass auch unkonventionelle Wege zum Erfolg führen können. Sie zeigt, dass eine Karriere nicht zwingend mit 18 Jahren ihren Höhepunkt erreichen muss, sondern dass Beharrlichkeit, Intelligenz und Leidenschaft genauso wichtig sind wie Talent.
Zukunft und Ausblick – Die Reise geht weiter
Auch mit Mitte 30 denkt Laura Siegemund noch nicht ans Aufhören. Sie betont immer wieder, dass sie sich fit fühlt und noch Ziele hat – sowohl im Einzel als auch im Doppel. Besonders Olympia 2024 in Paris war eines ihrer erklärten Wunschziele, und sie arbeitete intensiv daran, sich über die Rangliste oder durch eine Wildcard zu qualifizieren. Auch nach diesem Ereignis sieht sie keinen Grund, ihre Karriere zu beenden, solange ihr Körper mitspielt und sie die Freude am Spiel nicht verliert.
Ihr Beispiel zeigt, dass sportlicher Erfolg nicht nur eine Frage des Alters oder des kurzfristigen Ruhms ist. Laura Siegemund steht für eine Tennis-Karriere, die durch Authentizität, Eigenständigkeit und eine außergewöhnliche mentale Stärke besticht. Sie ist eine echte Kämpferin – auf dem Platz wie im Leben.
Fazit: Laura Siegemund ist mehr als nur eine erfolgreiche Tennisspielerin. Sie ist eine Persönlichkeit, die durch ihre Haltung, ihre Spielweise und ihr Engagement weit über den Sport hinaus wirkt. In einer Zeit, in der viele Karrieren schnell verglühen, ist sie ein Beispiel für Langlebigkeit, Leidenschaft und Charakter. Sie bleibt ein Hoffnungsträger für den deutschen Tennissport – und ein Vorbild für viele junge Menschen, die an ihren Weg glauben.
