Einleitung: Warum Diphtherie heute noch relevant ist
Diphtherie ist eine ernstzunehmende bakterielle Infektionskrankheit, die insbesondere die Atemwege befällt und unbehandelt zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen kann. Obwohl die Krankheit in vielen Teilen der Welt dank flächendeckender Impfprogramme selten geworden ist, ist sie keineswegs ausgerottet. Besonders in Regionen mit niedrigen Impfraten oder instabilen Gesundheitssystemen tritt Diphtherie weiterhin auf – mit teils dramatischen Folgen. In Deutschland und anderen westlichen Ländern wird die Diphtherie zwar nur noch vereinzelt diagnostiziert, doch durch globale Mobilität und sinkende Impfquoten kann sie jederzeit wieder zu einer realen Bedrohung werden. Der folgende Artikel beleuchtet umfassend die Ursachen, Symptome und Schutzmaßnahmen gegen Diphtherie und zeigt auf, warum Aufklärung und Prävention nach wie vor essenziell sind.
Ursachen und Übertragungswege von Diphtherie
Die Diphtherie wird durch das Bakterium Corynebacterium diphtheriae verursacht, ein stäbchenförmiges Bakterium, das sich bevorzugt in den Schleimhäuten des Rachens, der Nase oder auch der Haut ansiedelt. Der eigentliche Krankheitserreger ist dabei nicht das Bakterium selbst, sondern das von ihm gebildete Diphtherietoxin – ein hochwirksames Gift, das Zellen zerstören und verschiedene Organsysteme schädigen kann. Es blockiert lebenswichtige Eiweißsynthesevorgänge in Körperzellen, was vor allem bei Kindern zu schwerwiegenden Verläufen führen kann.
Die Ansteckung erfolgt hauptsächlich durch Tröpfcheninfektion – also beim Husten, Niesen oder Sprechen. Seltener ist eine Schmierinfektion über kontaminierte Oberflächen oder Hautkontakt möglich. Besonders gefährdet sind Menschen in engen Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten, Schulen, Flüchtlingsunterkünften oder Gefängnissen, in denen sich Infektionen rasch ausbreiten können. Auch Reiserückkehrer aus Risikogebieten, in denen Diphtherie noch endemisch ist, können die Krankheit unbeabsichtigt mitbringen und weiterverbreiten.
Symptome: Die verschiedenen Formen der Diphtherie
Diphtherie kann in mehreren klinischen Ausprägungen auftreten, je nachdem, welche Körperregion befallen ist. Am häufigsten ist die Rachendiphtherie, gefolgt von der Nasendiphtherie, Kehlkopfdiphtherie und einer Hautform, die vor allem in tropischen Ländern vorkommt. Die Symptome entwickeln sich in der Regel zwei bis fünf Tage nach der Infektion.
Die klassische Rachendiphtherie beginnt meist mit Halsschmerzen, Fieber, Schluckbeschwerden und allgemeinem Krankheitsgefühl. Charakteristisch ist die Bildung eines grau-weißen, zähen Belags auf den Mandeln, der sich schwer abwischen lässt und beim Versuch zu bluten beginnt. Dieser sogenannte „Pseudomembran“ ist ein Leitsymptom der Diphtherie. In schweren Fällen kann sich dieser Belag auf den Kehlkopf ausbreiten und zu Atemnot führen – eine lebensbedrohliche Situation, die einen medizinischen Notfall darstellt.
Wird das Toxin über die Blutbahn verteilt, kann es auch innere Organe schädigen. Besonders gefährlich ist die toxische Diphtherie, bei der Herzmuskel (Myokarditis), Nieren und das Nervensystem betroffen sein können. Lähmungen, Herzrhythmusstörungen und sogar Herzversagen können die Folge sein. Die Nasendiphtherie verläuft in der Regel milder, ist aber hochansteckend. Hautdiphtherie äußert sich meist durch schmerzlose, schlecht heilende Wunden mit typischem Belag.
Verlauf und Komplikationen
Unbehandelt kann die Diphtherie in bis zu 10 Prozent der Fälle tödlich verlaufen, bei Kindern unter fünf Jahren und älteren Menschen steigt die Sterblichkeit auf bis zu 20 Prozent. Auch mit Behandlung besteht bei schweren Verläufen eine erhebliche Mortalität. Besonders gefürchtet sind Komplikationen wie die Myokarditis (Entzündung des Herzmuskels), die auch noch Wochen nach der Infektion auftreten kann und schwer zu diagnostizieren ist. Auch Neuropathien, also Schädigungen der Nerven, können infolge des Diphtherietoxins auftreten und zu Lähmungserscheinungen führen – unter anderem der Atemmuskulatur, was zu respiratorischem Versagen führen kann.
Darüber hinaus kommt es bei schweren Verläufen zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Atmung durch die typischen Beläge, die sich im Kehlkopf und in der Luftröhre ansammeln können. Dies kann zu einer akuten Erstickungsgefahr führen. Auch nach überstandener Infektion bleibt häufig eine lange Rekonvaleszenzphase notwendig, da der Körper stark geschwächt ist und Organschäden zurückbleiben können.
Diagnose und medizinische Behandlung
Die Diagnose einer Diphtherie erfolgt in der Regel klinisch, das heißt, der Arzt erkennt sie an den typischen Symptomen und dem charakteristischen Belag im Rachen. Eine mikrobiologische Bestätigung erfolgt durch Abstriche und Labortests, bei denen das Bakterium und vor allem das Toxin nachgewiesen werden. Wichtig ist eine schnelle Diagnose, denn jede Stunde zählt bei der Behandlung.
Die Therapie besteht aus zwei zentralen Komponenten: dem Diphtherie-Antitoxin und einer gezielten Antibiotikagabe. Das Antitoxin neutralisiert das Toxin im Körper, kann aber nur wirken, wenn es vor der Zellschädigung verabreicht wird – also möglichst frühzeitig. Die Antibiotika, meist Penicillin oder Erythromycin, töten die Erreger ab und verhindern deren weitere Ausbreitung. Zusätzlich ist eine Isolierung des Patienten notwendig, um die Weiterverbreitung der Krankheit zu verhindern. Je nach Schweregrad der Erkrankung kann auch eine intensivmedizinische Überwachung erforderlich sein, etwa bei Herzbeteiligung oder Atemnot.
Schutz und Vorbeugung: Die Rolle der Impfung

Die wirksamste Maßnahme gegen Diphtherie ist die Impfung, die bereits seit den 1920er-Jahren existiert. Der Diphtherie-Impfstoff ist Bestandteil der Standard-Kinderimpfungen und wird in der Regel in Kombination mit anderen Impfstoffen (Tetanus, Pertussis, Polio) verabreicht. Die Grundimmunisierung erfolgt im Säuglingsalter mit mehreren Dosen, danach folgen Auffrischimpfungen im Kindes- und Erwachsenenalter. Die STIKO (Ständige Impfkommission) empfiehlt eine Auffrischung alle zehn Jahre, besonders bei Erwachsenen, die beruflich mit Menschen arbeiten – etwa im Gesundheitswesen oder in der Kinderbetreuung.
Die Impfung schützt nicht nur den Einzelnen vor einer schweren Erkrankung, sondern trägt durch die sogenannte Herdenimmunität auch dazu bei, die Ausbreitung der Krankheit in der Bevölkerung zu verhindern. Leider ist die Impfquote in einigen Bevölkerungsgruppen rückläufig, was die Gefahr von Ausbrüchen erhöht – insbesondere wenn Reiserückkehrer oder nicht immunisierte Personen das Bakterium einschleppen. Auch internationale Ausbrüche, wie sie etwa in Indien, Indonesien oder Russland immer wieder vorkommen, stellen ein Risiko für globale Verbreitung dar.
Diphtherie weltweit: Ein unterschätztes Risiko?
Während in Deutschland dank hoher Impfquote und guter medizinischer Versorgung nur wenige Diphtherie-Fälle pro Jahr auftreten, sieht die Situation in vielen Ländern anders aus. In Krisenregionen, in denen das Gesundheitssystem zusammengebrochen ist oder Impfprogramme nicht durchführbar sind, kommt es immer wieder zu größeren Ausbrüchen. Insbesondere in Teilen Afrikas, Asiens und Südamerikas ist Diphtherie weiterhin endemisch. In Flüchtlingslagern, bei Naturkatastrophen oder Kriegssituationen kann sich das Bakterium schnell verbreiten, insbesondere wenn es an Impfstoffen, Hygienemaßnahmen und medizinischer Versorgung mangelt.
Die WHO warnt regelmäßig davor, dass Diphtherie weltweit ein unterschätztes Risiko darstellt – nicht zuletzt wegen zunehmender Impfmüdigkeit in westlichen Ländern. Auch durch die Corona-Pandemie sind vielerorts Impfprogramme ins Stocken geraten, was sich unmittelbar auf die Infektionslage bei vermeidbaren Krankheiten wie Diphtherie auswirkt. Umso wichtiger ist es, kontinuierlich über die Krankheit zu informieren und durch Aufklärung für einen vollständigen Impfschutz zu werben.
Fazit: Wachsamkeit und Impfschutz bleiben entscheidend
Diphtherie ist eine hochgefährliche Infektionskrankheit, deren Auswirkungen dramatisch sein können – insbesondere bei unzureichendem Impfschutz oder verspäteter Behandlung. Auch wenn sie in Ländern wie Deutschland selten geworden ist, stellt sie weiterhin ein reales Gesundheitsrisiko dar, das durch internationale Reisen oder sinkende Impfquoten jederzeit wieder aufflammen kann. Um sich selbst und andere zu schützen